An:

Bundesminister für Ernährung
und Landwirtschaft
Herrn Cem Özdemir
Wilhelmstraße 54
10117 Berlin

Erlaubnis des Umgangs mit Cannabis in kommunalen Modellprojekten

Sehr geehrter Herr Minister Özdemir,

wir schreiben Ihnen, um uns für die Durchführung von Pilotprojekten bezüglich eines regulierten Marktes für Cannabisprodukte auszusprechen.

Das ursprüngliche Vorhaben der Bundesregierung war es, unter Federführung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), kommunale Modellprojekte zum legalen und regulierten Bezug von Cannabisprodukten wissenschaftlich begleitet durchzuführen. Mit Abschluss der Laufzeit der im BMG ansässigen Projektgruppe Cannabis am 30.09.2024 ohne öffentlich gemachte Ergebnisse ist davon auszugehen, dass dieses Vorhaben im BMG nicht weiterverfolgt wird.

Wir bitten Sie daher, im Rahmen Ihrer eigenen Kompetenz als Minister für Ernährung und Landwirtschaft, den Prozess zur Genehmigung solcher Vorhaben neu zu initiieren.

Dazu sollte die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) abschließend für zuständig erklärt und bevollmächtigt werden, solche Projekte zu prüfen und zu genehmigen. Die administrativen Voraussetzungen dazu sind bereits vorbereitet mit dem „Entwurf zur Verordnung zur Festlegung der zuständigen Behörde für die Erlaubnis und Überwachung des Umgangs mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken nach dem Konsumcannabisgesetz“ aus dem April 2024. Darin ist der BLE oben genannte Rolle zugedacht.

Es gibt mehrere Interessenten bzw. Anwärter für solche Modellprojekte, sowohl unter den Kommunen als auch in der Wissenschaft: So wurde bereits ein städteübergreifendes Vorhaben des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung Hamburg (ZIS) in Kooperation mit dem Verein „Cannabis Forschung Deutschland“ bekannt. Wir wissen von mehreren weiteren solcher Vorhaben; viele deutsche Städte haben schon ihre Bereitschaft bekundet, an Modellprojekten teilzunehmen.

Auch generell halten wir es für hilfreich, die BLE entsprechend zu autorisieren, denn es sind noch andere relevante und hilfreiche Forschungsprojekte zum Thema Cannabis denkbar, die genehmigungspflichtig sind (z.B. was den Anbau von Cannabis unter Kunstlicht zur Evaluation des privaten Eigenanbaus betrifft).

Wir halten den aktuellen Paradigmenwechsel in der Cannabispolitik weiterhin für dringend geboten. Millionen von gelegentlich und regelmäßig Konsumierenden profitieren bereits von der Entkriminalisierung von Eigenkonsummengen und Eigenanbau. Um den Schwarzmarkt konsequent einzudämmen und Gesundheits- und Jugendschutz besser zu verfolgen, ist aber auch legaler Verkauf nötig. Die Durchführung genehmigungspflichtiger Projekte noch in dieser Legislaturperiode wäre hierfür ein wichtiger Schritt, der sowohl politisch als auch gesellschaftlich zweckmäßig ist. Außerdem kann mit diesen Projekten auch die allgemein dünne Forschungslage zu Cannabis in der Gesellschaft verbessert werden.

Darüber hinaus liegen aus der Schweiz die ersten Zwischenergebnisse der dortigen Pilotprojekte vor. Die bisherigen Ergebnisse sind sehr ermutigend im Hinblick auf ähnliche Vorhaben in Deutschland.

Gerne stehen wir mit unserer interdisziplinären Expertise gerne zur Klärung weiterer inhaltlicher Fragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Für den Schildower Kreis: Bernd Werse (Sprecher)


Autoren dieses Briefes: Gerrit Kamphausen, Patrick Werth, Bernd Werse

Kontakt: Prof. Dr. Bernd Werse, Frankfurt University of Applied Sciences, FB4, Institut für Suchtforschung, Nibelungenplatz 1, 60318 Frankfurt am Main, 069 1533 2617, bernd.werse@fb4.fra-uas.de