Unser Ziel ist es, den globalen „Krieg gegen Drogen“ zu beenden. Dieser Krieg schafft weltweit Leid, fördert Korruption und Menschenrechtsverletzungen und ist im Ergebnis kontraproduktiv. Dieser erwiesenermaßen seit Jahrzehnten erfolglos geführte Kampf ist eine immense Verschwendung von Ressourcen und konterkariert Nachhaltigkeit. Es ist oft ein Krieg gegen Menschen, der weltweit geführt wird. Er ist Grundlage für viele Menschenrechtsverletzungen – von den USA und Mexiko über Afghanistan bis zu den Philippinen sowie in vielen Metropolen in Europa. Dem meist unproblematischen Drogengebrauch sollte nicht mit Gewalt und auch nicht mit dem Strafrecht begegnet werden. 

Deshalb klären wir auf, forschen, publizieren Alternativen und machen immer wieder auf die Ineffizienz und Schädlichkeit der aktuellen Drogenprohibition aufmerksam.

Der „Krieg gegen Drogen“ muss durch eine rechtsstaatliche Regulierung ersetzt werden. Aufgrund der gültigen komplexen internationalen Regulierungen und internationalen Konventionen erscheint es unwahrscheinlich, kurzfristig auf globaler Ebene einen Wandel bzw. einen neuen Konsens in der Drogenpolitik herbeiführen zu können. 

Dennoch erscheint es möglich, dass die Bundesrepublik Deutschland sich zukünftig auch international mit drogenpolitisch progressiven Beiträgen einbringt, sich als aufgeklärtes Land präsentiert und zusammen mit anderen internationalen Partnern wichtige Reformprozesse anstößt. Partner in der Europäischen Union und in der G20 verfolgen und erproben bereits erfolgreich neue Modelle, wie Drogenpolitik gestaltet werden kann – beispielsweise Portugal, die Niederlande, Tschechien, viele Bundesstaaten der USA und Kanada. 

Durch die Drogenprohibition werden im Gegensatz dazu in Deutschland täglich Ressourcen vor allem in Polizei und Justiz, aber auch im Gesundheitswesen fehlgeleitet. Bis heute gab es keine Evaluation der Drogenprohibition, wie sie der Gesetzgeber gemäß Grundgesetz eigentlich vornehmen müsste. Der Grund dafür ist wahrscheinlich der erwartbare Mangel an messbaren Erfolgen. Denn keine der durchgeführten Maßnahmen hat bislang den Markt für illegale Drogen reduziert – im Gegenteil: die meisten gängigen illegalen Drogen sind in den letzten Jahren leichter und in höherer Qualität verfügbar geworden. 

Deshalb ist es höchste Zeit für eine evidenzbasierte und nachhaltige Drogenpolitik. Die Forschung zeigt klar, dass eine Entkriminalisierung des Besitzes von Konsummengen (siehe u.a. Portugal), eine Abgabe von Drogen an Menschen mit Abhängigkeitserkrankung (siehe u.a. Schweiz), ein Angebot für DrugChecking (siehe u.a. England) und eine regulierte Abgabe von Cannabis (siehe u.a. USA) direkt mit positiven gesundheitlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen verknüpft sind.

Die Bundesrepublik kann das erste Land werden, welches erfolgreiche Konzepte aus internationaler gute Praxis aufgreift und integriert. Geeignet und erforderlich wäre dazu ein Gesetz für psychoaktive Substanzen, welches Herstellung, Vertrieb, Abgabe und Rechte von Konsumentinnen und Konsumenten regelt. Die legale Regulierung dieser Substanzen sollte in Relation zu ihren wissenschaftlich belegten Risiken erfolgen, also in Abstimmung mit Jugend- und Verbraucherschutz, niedrigschwelligen Hilfsangeboten und, wenn nötig, effizienter medizinischer Behandlung. Diskriminierung aufgrund von Substanzkonsum ist im Einklang mit Artikel 3 GG nicht zulässig, findet aktuell aber dennoch statt – dies gilt es zu ändern. 

Gesundheitspolitisch müssten legale Drogen (vornehmlich Alkohol und Tabak) stärker reguliert werden (u.a. hinsichtlich Werbeverboten), da hier die gesellschaftlichen, gesundheitlichen Folgen einschließlich Todesfällen deutlich stärker ausgeprägt sind, während bei bislang illegalen Drogen erst einmal eine Entkriminalisierung und Regulierung initiiert werden müsste. Diese sollte zwar dem Bedarf in der Bevölkerung gerecht werden, dennoch aber keine Kommerzialisierung (Werbung und Markenbindung, generelle Verfügbarkeit etc.) zulassen. 

Der unserer Ansicht nach verfassungswidrige Irrweg, Menschen wegen Eigenbedarf zu kriminalisieren, stigmatisieren und pathologisieren, hat das angestrebte Ziel einer drogenfreien Gesellschaft nicht erreicht. 

Mittlerweile spricht sich eine Mehrheit der Bevölkerung für eine Entkriminalisierung zumindest von Cannabis aus. Ungefähr jede(r) Dritte hat Erfahrung mit Cannabis, mit steigender Tendenz. Dennoch verzichtet die Bundesregierung aus unverständlichen Gründen auf eine mögliche Qualitätskontrolle und wichtigen Jugendschutz. Konsumentinnen und Konsumenten haben ein Recht auf Gesundheit und Sicherheit, das ihnen aktuell verwehrt wird. Wenngleich es natürlich auch unsachgemäßen, gesundheitsschädlichen Drogengebrauch gibt, entstehen die größten Gefahren derweil durch die Dynamiken des Schwarzmarkts und die strafrechtliche Repression: Blei und synthetische

Cannabimimetika, tödliche Überdosen durch unkalkulierbaren Wirkstoffgehalt bei Heroin, aber auch Verlust von Freiheit, Arbeit, Einkommen, Wohnung und Führerschein etc. (nota bene: Führerscheinverlust, selbst wenn man nie berauscht gefahren ist).

Die derzeitige Drogenpolitik ist weder individuell noch gesamtgesellschaftlich, weder ökonomisch noch ökologisch tragbar. Streckmittel und Wirkstoffvarianz schädigen und töten jedes Jahr Tausende Bürgerinnen und Bürger, obgleich die meisten Substanzen bei pharmazeutischer Qualität und richtig dosiert sehr gut vertragen werden. Zusätzlich werden eine kriminelle Parallelgesellschaft, Gewalt, Misstrauen dem Staat gegenüber sowie Korruption gefördert – das reicht von der täglichen Beschaffungskriminalität bis zu Polizistinnen und Polizisten, die selber Drogen konsumieren und in den Drogenhandel verstrickt sind. 

Eine ärztliche Verschreibung an Menschen mit Abhängigkeitserkrankung sowie eine legal regulierte Abgabe mit fachlicher Beratung an Konsumentinnen und Konsumenten käme den Staat deutlich günstiger. Alleine bei Cannabis liegt die prohibitionsbasierte Ressourcenverschwendung bei mindestens 2,7 Milliarden Euro jährlich; auf den gesamten Drogenmarkt bezogen könnten es mindestens 10 Milliarden Euro sein. Dieses Geld, welches der Staat einsparen bzw. der organisierten Kriminalität entziehen könnte, könnte man in die Energie- oder Verkehrswende und eine bessere Gesundheitsfürsorge investieren.

Wir fordern auch, dass die Bundesregierung ihr derzeitiges „Drogen-Narrativ“ überprüft. Wir alle nehmen Drogen, definiert als psychoaktive Substanzen, denn diese umfassen sowohl „Genussmittel“ als auch zahlreiche gängige Medikamente. Ein Kokatee enthält Kokain und ein Kaffee enthält Koffein.

Während Kaffee in unserer Gesellschaft verbreitet ist, mag ein Kokatee in Lateinamerika üblich sein. Beides hat eine stimulierende, d.h. wachmachende Wirkung. Trotzdem erklärt die Bundesdrogenbeauftragte in einer Pressekonferenz, dass eine einzige Kokaindosis beim Erstkonsum töten kann. Das ist jedoch auch durch Koffein möglich (Paracelsus: „Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“). Es wird deutlich: Ein sachlicher, evidenzbasierter Umgang mit dem Thema ist erforderlich.  Während Kaffee in den Supermarkt gehört, gehört reines Koffein in die Hände von Apothekerinnen und Apothekern, die nur kleine Mengen mit entsprechender Aufklärung abgeben. Ähnliche Modelle sind auch für Kokain und viele andere Drogen möglich.

Drogen können Genuss- oder Arzneimittel sein; sie sollten aber niemals eine Rechtfertigung sein, Menschen zu diskriminieren, ihre Gesundheit unnötig zu gefährden oder Steuergelder in Milliardenhöhe zu verschwenden. Wie oben dargestellt geht ein Großteil der Gefahren von Drogen entweder direkt von den Umständen der Repression (also Polizei, Staatsanwaltschaft und die Folgen der strafrechtlichen Folgen etc.) oder vom Schwarzmarkt (also Falschdeklaration, Streckmittel, zu hoher Wirkstoffgehalt etc.) aus. Da die Konsumprävalenz hingegen durch die Regulierung des Marktes nicht signifikant geändert wird (was auch bereits der wissenschaftliche Dienst des Bundestages 2019 feststellte), dann ist ein Großteil der „durch Drogen verursachten Schäden“ vermeidbar. Schäden entstehen nämlich oft nicht durch die Substanzen selbst, und Drogen haben je nach Substanz ein gewisses Risikopotenzial, aber die Drogenprohibition erhöht dieses immens. Zwei Beispiele: An einer legalen Heroin-Abgabe, ebenso wie in Drogenkonsumräumen, ist noch niemand an einer Überdosis gestorben, und in klinischen Versuchen mit Ecstasy ist ebenfalls noch niemand gestorben. Beim Konsum unregulierter, kriminalisierter Stoffe sieht das anders aus; den Tod und die Gesundheitsgefährdung jener Menschen nicht verhindern zu wollen, ist auch aus ethischen Erwägungen untragbar.

Aus den genannten Gründen sehen wir in Bezug auf Deutschland die Relevanz unseres prohibitionskritischen Bestrebens hauptsächlich für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele Gesundheit (SDG 3) und Frieden und Sicherheit (SDG 16), aber würden auch positive Effekte insbesondere für junge Menschen im Bereich Bildung, Beschäftigung, Armutsbekämpfung erwarten. Das Leitprinzip „Niemanden zurücklassen“ (Leave No One Behind) der Agenda 2030 ist insbesondere dann betroffen, wenn die derzeitige Drogenpolitik und Kriminalisierung suchtkranke Menschen und problematische Konsummuster weiter marginalisiert und verstärkt. 

International könnte die Bundesrepublik Deutschland mit einer evidenzbasierten Drogenpolitik positive Wirkungen in vielen Ländern erzielen, z.B. im Schutz von Mensch und Natur in Anbauländern, vor allem aber bei der Adressierung der mit illegaler Drogenökonomien verbundenen Phänomen (Korruption, Gewalt, organisierte Kriminalität). Über Jahre und Dekaden gemittelt, ist die Opferzahl des Krieges gegen die Drogen höher als die der anderen Kriege, z.B. in Afghanistan oder Syrien.

Zusätzlich wäre eine ausgewogene, streng regulierte Aufhebung des Drogenverbotes auch durchaus ein Beitrag zu ökologischer Nachhaltigkeit: Unter den derzeitigen illegalen Produktionsbedingungen wird ein Großteil des konsumierten Cannabis unnötigerweise unter energiezehrendem Kunstlicht angebaut; Produzenten synthetischer Drogen und Betreiber von Kokain- und Heroinlaboren entsorgen ihre teils hoch toxischen Abfälle nicht selten in der Natur. Auch hier könnte mit Regulierungskonzepten gegengesteuert werden.

Aufklärung, legal regulierte Verfügbarkeit und eine einzusetzende Kommission von Expertinnen und Experten, die sich der Thematik evidenzbasiert annimmt, sind mögliche sinnvolle Maßnahmen. Die Bundesregierung sollte sich in der Überarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie zur Einsetzung einer solchen Kommission, zu evidenzbasierten Ansätzen und einem fortlaufenden Monitoring der o.g. statistischen Zahlen verpflichten, und so mittel- und langfristig unter wirtschaftlichen, ökologischen, gesellschaftlichen und ethischen Gesichtspunkten Reformen entwickeln und umsetzen.

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