„Es erscheint mir kein Zufall, dass totalitäre Ideologen die konsequentesten Drogenkrieger sind.“

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Ein Interview mit dem Geraer Pfarrer Michael Kleim, Mitglied im Schildower Kreis

Gera, 29. November 2011

Der Geraer Pfarrer Michael Kleim kämpft seit Jahren gegen den Rechtsextremismus. Als Mitglied im Schildower Kreises, einem Drogenpolitiker-Netzwerk aus Wissenschaft und Praxis, beschreibt er die Verankerung der Drogenverbotspolitik in der rechten Ideologie und anderen totalitären Ideologien.

Frage: Pfarrer Kleim, Sie sind seit Jahren gegen Rechtsextremismus engagiert und auch mehrfach ins Visier radikaler Kräfte gekommen. Andererseits setzen Sie sich im Schildower Kreis für den grundlegenden Wandel in der Drogenpolitik ein. Gibt es da einen inhaltlichen Zusammenhang?

Michael Kleim:
In der Todesanzeige des Hitlerstellvertreters Rudolf Hess wurden Spendengelder für die Bekämpfung der Opiumgewinnung im Goldenen Dreieck erbeten. Hitler wird als Vorbild propagiert, weil er angeblich konsequent abstinent gelebt hätte. Aufkleber der militanten Nazi-Szene verkünden einen totalen Krieg gegen Drogen. In Positionspapieren und Internetaufrufen fordern rechtsradikale Gruppen ein schärferes Vorgehen bei sogenannten Drogendelikten.
Rechtsextremisten versuchen mit populistischen Parolen – so z.B. Todesstrafe für Kinderschänder oder Wiedereinführung der D-Mark – in der Mitte der Gesellschaft Zustimmung zu finden.

Das Drogenthema ist für die neue Rechte deshalb so wichtig, weil sie hier an ein weitverbreitetes Feindbild anknüpfen kann. Über dieses Thema versucht sie, in Bevölkerung, Medien und Politik insgesamt eine breitere Akzeptanz zu erreichen.

Frage:
Rechtsterroristische Ansätze sind aber hierbei doch nicht auszumachen?

Michael Kleim:
Auch hinter dem drogenpolitischen Konzept der neuen Nazis ist deren Menschenverachtung verborgen. Internierung von Drogengebraucher und Todesstrafe für Dealer – darin sehen braune Propagandisten die Stützpfeiler ihrer Drogenpolitik. Und hinter der Ablehnung von Drogenhilfe lugt der altbekannte Teufel des Sozialdarwinismus hervor.
Doch oft bleibt es nicht bei Worten.

Drogengebrauchende Menschen werden zunehmend zu Zielen rechtsradikaler Bedrohungen und Gewalt.

Frage:
Wie sieht es mit Drogen in der rechten Szene aus?

Michael Kleim:
Das drogenfreie Saubermann-Image der rechtsradikalen Bewegung ein Betrug. Abgesehen von dem exzessiven Alkoholkonsum innerhalb der Szene gehören Speed und Kokain zum rechten Umfeld dazu.

Bereits die nationalsozialistische Elite des sogenannten III:Reiches war keinesfalls drogenabstinent. Adolf Hitler experimentierte mit Nachtschattendrogen und Strychnin, Goebbels war Morphinist, Göring war dem Kokain zugetan und die deutsche Luftwaffe bekam regelmäßig vor ihren Einsätzen Amphetamine, um aufgeputscht in den Krieg zu fliegen.

Frage:
Wie können sich demokratische Politiker hier von einer Vereinnahmung durch rechtsradikale Positionen abgrenzen?

Michael Kleim:
Es erscheint mir kein Zufall, dass totalitäre Ideologen die konsequentesten Drogenkrieger sind. Neben rechtsradikalen Propagandisten stehen ja auch militante Islamisten, fundamentalistische Christen und kommunistische Maoisten für eine brachiale Verbotspolitik.

Deshalb gehört die Prohibition grundlegend auf den demokratischen Prüfstand.
Auch in der Drogenpolitik können wir uns am sichersten von menschenverachtenden Ideen abgrenzen, indem wir auch hier Demokratie, Menschenwürde und Zivilgesellschaft zum grundlegenden Maßstab machen.

2 Antworten

  1. Eric Pade

    Ich denke, es wird auch gerade vor dem Hintergrund langsam Zeit, gerade gegenüber der
    CDU härtere Töne anzuschlagen. Diese Partei lügt derartig und verschuldet dadurch so viel
    Leid, dass sie sich offenbar vorsätzlich als Handlangerin des Bösen in der Welt etabliert.

    Aber auch in der SPD gibt es genug Leute mit braunen Bremsstreifen im Kopf, wie Berlin
    gezeigt hat.
    Bitte setzen Sie sich durch, damit wir nicht mehr so weitermachen.

  2. Martin Lohmann

    Laut Meinung meine „Hausneurologen“ bin ich ein Morphinist weil ich 3x Täglich ein Opiumpräparat (vom Schmerz therapeuten verschrieben) zu mir nehme. Aus nicht mehr nachzuverfolgenden Gründen leide ich an sehr starken Schmerzen in der Wirbelsäule. Eine PDA (Peridurale Anesthäsie) bringt nur kurzfristige Linderug. Jeder Versuch die Dosis zu vermindern kat katastrophale Auswirkungen, mit der Folge von Treppenstürzen und dadurch erlittenen Knochenbrüchen (Rippen und Schlüsselbein).Leider scheint mir das Problem wissenschaftlich nicht mit den notwendigen Ernst betrachtet zu werden. Als Alkoholiker könnte ich mich wohl entwöhnen, bei Morphium ist aber jeder bisheriger Versuch fehlgeschlagen.
    Mit freundlivhen Grüßen Martin Lohmann.

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